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Von CP1 in Italien bis CP2 nach Slovenien

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  • Beitrags-Kategorie:2023 / TCR09

Das Zimmer in Bergamo war gebucht. Also schnell weiter, über den 2208 m hohen Passo Euro gefolgt vom 2291 m hohen Passo Foscagno noch zwei weitere Pässe, bis ich gegen 22 Uhr endlich wieder duschen konnte und Zeit war, meine Sachen zu waschen und trocken zu föhnen.

Am Freitagmorgen ging es in Bergamo, bzw. 6 km südlich davon, früh los. Im Airbnb konnte ich ein vernünftiges Frühstück mit Kaffee genießen, bevor es zum Stilfser Joch hinauf ging. Der hohe Alpenpass, ein Mekka der Radfahrer, ist für seine vielen Serpentinen bekannt. Mit 2757 m der höchste Pass Italiens und der höchste Punkt des gesamten TCR. Die Südrampe von Bormio ist 21,5 km lang, und mit 1540 Höhenmetern zieht es sich mit im Mittel 7,2 % hinauf. Gegen 6 Uhr startete ich, wie gesagt, etwas südlich von Bergamo, und die Sonne ließ noch hinter den Bergen auf sich warten. Um 9:13 Uhr erreichte ich die Passhöhe, und nach ein paar schnellen Fotos ging es die vielen Kehren nach Prad, knapp 25 km und 1844 Höhenmeter hinunter. Nur getrübt durch eine Baustelle, an der ich, wie alle Anderen auch, mehrere Minuten warten musste. Unten angekommen ging es zunächst zum Einkaufen in einen kleinen Laden. Neben Brot und Leckereien gab es auch Aprikosen und Ost aus dem Vinschgau.

Weiter ging es auf bekannten Wegen (schon öfter war ich mit dem Rad im Vinschgau unterwegs gewesen) Richtung Meran. Ich hatte mich entschieden auf dem gut ausgebauten Radweg zu bleiben, und nicht auf der vielleicht schnelleren, aber auch viel befahrenen Straße. Lediglich um Schlanders herum ist die Bundesstraße die einzige sinnvolle Möglichkeit. Die Felder wurden bewässert, und so dachte ich, die Spritzer auf meinem Schienbein kämen von den Bewässerungsanlagen. Leider nein, denn es was die Dichtmilch des Vorderreifens, welche mein Rad und mich mit einem klebrigen weißen Schleim überzog. Ich hielt an, und war froh, dass die Dichtmilch ihren Job gemacht hat. Glücklicherweise konnte ich ohne Probleme, und ohne zu flicken, weiter fahren. Entlang der Etsch ging es Richtung Meran, und weiter auf dem Radweg bis Bozen. Eine kurze Pause an einer der vielen Rastmöglichkeiten, und schon fuhr ich am Schloss Sigmundskron vorbei. Ungünstigerweise funktionierte meine Route in Bozen zunächst nicht. Ich landete in einer Privatstraße, wo kein durchkommen war. Dann halt mitten durch die Stadt. Mittlerweile war es Mittag, und zum ersten Mal seit dem Start am letzten Sonntag, war es richtig heiß. Das Thermometer stieg auf über 35 Grad Celsius. Nachdem ich die Baustellen in Bozen passiert hatte, ging es weiter an der Eisack entlang Richtung Brixen. Der Radweg war zunächst weniger gut, später dann aber gut befahrbar. Lediglich die Anzahl der Tankstellen oder Geschäfte war dürftig. So dauerte es einige Zeit, bis ich einen größeren Supermarkt fand, um meinen Proviant aufzufüllen. Nach einem kurzen Powernap unterwegs passierte ich Brixen und letzten Endes auch den Radweg der Pustertaler Straße. Die Straße selber war von der Nutzung ausgeschlossen. So suchten sich alle Teilnehmer, die diese Route gewählt hatten, verschiedene Wege links und rechts der verkehrsreichen Straße. Es war Freitag und der Start ins Wochenende. Ich bekam langsam Hunger, und Lust auf etwas Warmes, musste aber feststellen, dass alle Pizzerien und Gaststätten proppenvoll waren. Lange auf etwas zu essen wollte ich aber nicht warten, und so fuhr ich einfach weiter. Der Radweg wurde nach Bruneck für viele Kilometer zu einem Feldweg. Ich machte mir Sorgen, ob der Vorderreifen halten würde. Unbegründet, wie sich alsbald herausstellte. Laut Google sollte auch auf den kommenden Kilometern ein Ausflugslokal liegen. Vielleicht doch noch etwas Vernünftiges essen? Und tatsächlich, das Lokal hatte geöffnet und es war nicht überfüllt. Die Pizza und das alkoholfreie Bier mundeten sehr, bevor es weiter in die Dämmerung und Nacht ging. Die Straße ging stetig bergauf. Nicht steil, aber permanent, mit wenigen Steigungsprozenten.

Bei Innichen passierte ich gegen 22:30 Uhr, es war bereits dunkel, die Grenze nach Österreich. Es begann leicht zu regnen, und ein Flackern am Horizont bahnte ein Gewitter an. Die Wetterapp sagte ein starkes Gewitter voraus. Das Blitzen wurde mehr, aber noch war kein Donner zu vernehmen. Dennoch wurde es mir langsam zu brenzlig. Nirgendwo ein passender Platz um dem Gewitter zu trotzen, und das Nachtlager aufzuschlagen. Kein Airbnb oder Hotel irgendwo in der Nähe. Auf dem Gelände eines Sägewerkes suchte ich Unterschlupf zwischen hohen Stapeln von Holz. War der Schutz genug? Oder würden die kunstvoll aufgetürmten Holzstapel bei starken Böen eher zusammenfallen? Ich fuhr lieber erst einmal weiter. Rund 5 km weiter Richtung Lienz, es begann jetzt stärker an zu regnen, fand ich einen perfekten Platz. Ein Ausflugslokal mit überdachter Terrasse. Ich war nicht der einzige Teilnehmer, der dort Unterschlupf fand. Vor mir hatte Johann Bollen, ein Teilnehmer aus Norddeutschland, die gleiche Idee. Ich gesellte mich neben Johann. Wir schoben jeder je zwei Bänke zusammen, die als Bett dienten. Und kurz darauf, am frühen Samstag, fiel ich in einen wohlverdienten Schlaf. Weder Blitze noch Donner konnten mich davon abhalten. Der Wecker klingelte um 4 Uhr. Mittlerweile hatten sich noch zwei weitere Teilnehmer zu und gesellt, beide total durchnässt. Ich packte meinen Krams zusammen und fuhr weiter Richtung Lienz. Ein Baustellenklo nur einige Kilometer weiter wurde gerne genutzt. Es war neblig und durch den starken Regen in der Nacht sehr feucht. In Oberdrauburg fand ich eine Bäckerei, in der ich mir ein Frühstück gönnte. Zwei warme Kakao, Brötchen, Croissants und Kaffee. Nach dem Frühstück kaufte ich gleich noch ein paar Teilchen ein, die in meinem Rucksack Platz fanden.

Weiter ging es über sie Gailberghöhe Richtung Hohenthurn und von dort aus Richtung Süden und zurück für einige wenige Kilometer nach Italien. An der Shell Tankstelle kurz vor der Grenze hielt ich an, um Wasser zu kaufen und meinen Riegelvorrat wieder aufzufrischen. Es gab auch Baguette und Brötchen mit Fleischkäse. Widerstand war zwecklos. Es musste sein. Das Brötchen habe ich vor der Tankstelle, wo es entsprechende Tische und Stühle gab, verspeist. Noch ein Eis und schnell weiter. Das mit dem Eis funktionierte, das schnell weiter leider nicht. Der Vorderreifen war platt. War es durch die Hitze? Manchmal muss man nur einfach wieder aufpumpen, wenn das Ventil nicht richtig zu war. Aber nein, eindeutig ein Loch, welches die Dichtmilch nicht mehr schaffte. Also das in Frankreich gekaufte Set für Tubeless ausgepackt, und den Vorderreifen geflickt. Aufpumpen und weiter. Die Luft hielt, aber nur für 500 m, dann war ein weiteres Loch im Reifen. Wieder schaffte es die noch verbliebene Dichtmilch nicht, und ich rollte langsam zurück zur Tankstelle. Dort angekommen wechselte ich darauf hin von Tubeless auf Schlauch. Also Ventil raus, Schlauch rein. Zum Glück fand ich auf der Tankstelle ein Stück Bautenschutzmatte, aus welchem ich mit kleinen Flicken zurechtschnitt, um sie von innen in den Mantel zu legen. Die Löcher waren sonst zu groß. Ich weiß nicht, was die Schnitte und Löcher verursacht hat, aber es hat ganze Arbeit geleistet. Jetzt aber endlich weiter. Mitsamt der Pause waren mittlerweile beinahe zwei Stunden vergangen, und ich wollte den zweiten Kontrollpunkt unbedingt noch am selben Tag erreichen. Direkt hinter der Grenze wechselte der Radweg von Teer zu Gravel. Und es schoss mir, rund 2 Kilometer waren seit der Tankstelle zurückgelegt, dieses Mal Dichtmilch von hinten an die Wade. Meine Laune näherte sich langsam dem Nullpunkt. Aber der Hinterreifen hielt, wenigstens etwas. Danach ging es auf dem vermeintlich schönsten Radweg, den ich bislang in meinem Leben befahren durfte, von Italien hinein nach Slowenien bis Kranjska Gora und darüber hinaus. Zwar waren viele Radfahrer unterwegs, dennoch war für alle genügend Platz. Einmaliger Asphalt, ich würde mich später wirklich danach sehnen …

In Kranjska Gora hielt ich am ersten Bike Verleih an, den ich fand. Direkt an der Talstation eines Sesselliftes. Die Jungs wussten genau, dass ich am TCR teilnahm und ich fuhr mit einem neuen Erstazschlauch im Gepäck weiter. Ich hätte gerne neue Reifen gekauft, aber passende Reifen, in der Qualität, die ich suchte, hatten sie leider nicht. Auch der andere im Ort ansässige Radverleih hatte keine entsprechenden Reifen mehr. Schnell in den Supermarkt, alles für den Rest des Tages einkaufen, und weiter Richtung Kontrollpunkt 2. Es lief gut, auch wenn ich dummerweise meinem Radcomputer nicht vertraute. Irgendwie schienen meine grauen Zellen nicht wirklich mehr zu funktionieren. Warum habe ich meine Route verlassen und bin letzten Endes genau auf der bergigen Route gefahren, die ich doch weit umgehen wollte? Als mir bewusst wurde, welchen Blödsinn ich da veranstaltet hatte, war es zu spät umzukehren. Also ab durch die Berge.

Dann ging es auf dem zweiten Parcours Richtung Kontrollpunkt CP2, irgendwo hier musste er sein. Leute winken mir von Rand zu, ich winke zurück. Ein paar Kilometer weiter Gravel. „Das war doch hinter dem Kontrollpunkt, oder?“ dachte ich. Na, warum haben die wohl ein paar Kilometer weiter unten gewunken? Also Umdrehen und zurück. Am CP2 in Zgornje Jezersko angekommen war ich froh den Stempel und etwas Unterhaltung zu erhalten. Auch gab es Sandwiches und Getränke zu kaufen. Es war auch ein Campingplatz mit Waschmöglichkeit dort. Dies habe ich gerne genutzt. Von Rad, Ente und Rucksack wurden eifrig Fotos gemacht und vom Veranstalter und den Fotografen auf Instagram und Facebook geteilt. Und nach der kurzen Erholungspause ging es weiter auf dem Parcours in Richtung Kontrollpunkt 3.