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Swiss Bike Adventure 2023

Die ganze Geschichte, vom chaotischen Start, einem anstrengenden aber wunderschönen Mittelteil, bis hin zum erfolgreichen Ende in Andermatt.


Tag 1:

Am 24. Juni 2023 um 5 Uhr in der Früh startete das SwissBikeAdventure, ein Self-supported Langstreckenrennen, mit Start und Ziel in Andermatt. Jedenfalls tat es das für alle anderen Teilnehmer. Denn ich konnte meine GoPro Kamera nicht finden. Daher ging es für mich nach dem offiziellen Foto aller Teilnehmer und dem Überqueren der Startlinie nicht auf die Strecke, sondern wieder zurück zu meinem Airbnb, um die Kamera zu suchen. Nachdem ich das gute Stück wieder finden konnte, startete letztendlich mit 2 Stunden Verspätung auch für mich das Abenteuer. Da ich dieses Event als reine Vorbereitung auf das Transcontinental Race, dem TCT09, geplant hatte, war mir der späte Start aber egal, nahm er mir doch jeden Druck und jede Versuchung, mit den schnellen Leuten mitzuhalten.

Furka Passstraße

Zunächst ging es zum Furka Pass, mit über 2400m der höchste Punkt der Strecke. Im Aufstieg traf ich Andy Buchs, den Veranstalter, wieder. Wir unterhielten uns ein paar Minuten und er mache einige Fotos von mir und meinem Rad. Auf der Passhöhe lag sogar Schnee und es blies ein starker und frostiger Wind. Nach ein paar Schnappschüssen ging es direkt weiter Richtung Hotel Belvedere. Irgendwie fühlte sich auf den ersten paar Metern der Abfahrt das Rad komisch an, aber vielleicht war es auch nur Einbildung. Am Hotel Belvedere war trotz aller Frühe schon ein recht großer Auflauf. Es ist ein sehr beliebtes Fotomotiv. Schicke Autos, Drohnen, Fotographen, alles schon da. Nachdem mir ein paar Fotos ohne allzu viele Autos oder Personen gelungen waren, freute ich mich auf die lange Abfahrt Richtung Gletsch und zur Rhone Quelle. Doch als ich gerade etwas Fahrt aufgenommen hatte, starteten starke Vibrationen. So etwas kannte man früher bei den dünnen Stahl- und ersten Aluminiumrahmen, aber nicht mehr bei moderneren Rennrad-Rahmen. Ich hielt an, um das Rad und die montierten Taschen zu überprüfen, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen. Auch der Reifendruck war wie immer, wenn ich mit diesem Setup unterwegs bin. Doch sobald ich schneller als 40 km/h fuhr, trat das Flattern auf. Mein Versuch, die Resonanzfrequenz durch schnelleres Fahren zu „überlisten“ endetet beinahe mit einem Sturz. Statt einer rasanten Abfahrt, gab es ein Gebummel bis ins Tal. Das Problem sollte mich im weiten Verlauf der Fahrt immer wieder einholen.

Die nächsten Stunden im Walis ging es entlang der Rhone, und ich kam gut voran. Die Temperatur stieg auf rund 30 Grad Celsius, und aus anfänglichem Rückenwind wurde ein sehr unangenehmer und starker Gegenwind. Kurz vor dem Genfer See ging es in den Anstieg zu Col de la Croix (Waadt), der auch schon mehrmals von der Tour de France als Kategorie 1 Anstieg im Programm war. Zuvor noch ein Abstecher in einen Supermarkt, um meine Vorräte wieder aufzufüllen. Der Anstieg in praller Sonne war alles andere als Zuckerschlecken. Aber der fantastische Ausblick und das tolle Panorama entschädigen den geplagten Radfahrer. Nach der Abfahrt, es war mittlerweile schon früher Abend, kam mir Hans Vermissen, ein anderer Teilnehmer entgegen. Er hatte Probleme, die Strecke zu finden. Ich auch, und wir trafen uns ein paar Minuten später, eine Abzweigung suchend, wieder.

Es ging weiter immer bergauf und bergab entlang eines Bergkamms in den Abend hinein. Immer noch heiß, waren die vielen Quellen und Brunnen am Wegesrand Gold wert. In Rougemont traf ich auf Andreas Westpfahl, einen Kölner, der schon länger in der Schweiz lebt. Im nächsten Ort entschied ich mich, eine kurze Pause einzulegen, um das vor vielen Stunden im Supermarkt gekaufte Baguette zu essen. Hans und Andreas passierten mich währenddessen wieder. Nach der Pause stand mit dem Mittelberg ein weiterer langer Anstieg auf einer schmalen, verkehrsarmen Straße durch den Wald bis auf über 1600 m hinauf, auf dem Programm. Irgendwie begann mein linkes Knie zu schmerzen, kein gutes Zeichen. Es war mittlerweile dunkel, und ich beschloss mir spätestens gegen Mitternacht eine gute Stelle für eine kurze Nachtruhe zu suchen. Kurz vor dem Tageswechsel fuhr ich auf Robin Hogger und Aleš Vaníček auf. Ich hatte die Verspätung vom Start schon recht gut wett gemacht. Es war Zeit für Schlaf. Der erste Versuch am Lac de Montsalvens eine geeignete Stelle zu finden, wurde von tausenden von Mücken, Schnaken und Bremsen vereitelt. Also nichts mit Seeblick. Ein paar Kilometer weiter fand ich eine etwas geschützte Stelle hinter einer Art Trafohaus bei einem Bauernhof. Ich war zu müde zum Weiterfahren. Um 1 Uhr morgens lag ich dann im Schlafsack, und konnte bis zum Klingeln des Weckers um 5 Uhr ungestört schlafen.

Tag 2:

Besonders schnell kam ich nicht in die Gänge, aber kurz vor 6 Uhr ging es weiter. Schon nach den ersten Pedalumdrehungen war mir klar, dass es mit meinem Knie noch größere Probleme geben sollte. Robin kam gerade vorbei als ich losfuhr. Durch mein Knie gehemmt, konnte ich ihm nicht folgen. Getroffen habe ich ihn am 2. Tag aber immer wieder. Ein toller Typ aus Belgien mit riesiger Erfahrung auf der Langstrecke. Im nächsten größeren Dorf mit Brunnen trafen wir uns auch schon wieder. Kurz die Flaschen auffüllen, und weiter ging es. Robin vorneweg. Wieder in einem der nächsten Orte gab es dann die erste geöffnete Bäckerei. Und wessen Fahrrad steht davor? Das von Robin. Es war eine portugiesische Bäckerei im französisch sprechenden Teil der Schweiz. Robin konnte sowohl französisch und portugiesisch, sodass ich nicht auf Zeichensprache und zeigen angewiesen war. Wir haben beide dann zusammen gefrühstückt.

Im Anschluss daran habe ich den Luftdruck am Rad reduziert. Vielleicht kamen die ewigen Vibrationen in den Abfahrten ja daher? Es war danach auch besser, wenn auch nicht komplett verschwunden. Einen Großteil des Sonntags ging es dann Richtung Jura, am westlichen Ende des Neuchateler Sees vorbei bis Baulmes. Dort begann der Jura mit einem 600 m Anstieg in der prallen Sonne. Zum Glück gab es hier wieder sehr viele Brunnen und Quellen, die für Trinkwasser und Erfrischung sorgten. Der Jura ist geologisch mit der Schwäbschen Alb verbunden. Und genau so fühlte es sich auch beim Fahren an. Entweder rauf, oder runter, nie eben. Durch mein Knie kam ich nur schlepped voran. Vor dem mit 1607 m höchsten Berg des Juras, dem Chasseral, den es zu überqueren galt, wollte ich endlich einmal etwas Vernünftiges essen. Müsliriegel machen nicht wirklich glücklich. Laut Google Maps lagen einige Bistros auf dem Weg. Aber Google weiß anscheinend auch nicht alles, denn alle diese Restaurants, Bistros oder Pizzerien waren schon länger geschlossen und standen zum Verkauf. Am Ende fand ich dann doch eine Pizzeria und ich ließ es mir schmecken. Zum Zahlen ging ich kurz in die Pizzeria hinein, und als ich herauskam, saß Robin mit einer Cola draußen. Robin hatte vor den Bergen eine längere Pause gemacht, und ich hatte ihn irgendwo überholt. Wir sind nach der Cola zusammen gestartet, aber wieder stiefelte er wesentlich schneller los, als ich mit immer noch schmerzendem Knie folgen konnte. Bis kurz vor dem Gipfel es Chasseral konnte ich ihn immer sehen. Oben hielt ich an, um einige Fotos zu schießen, und es gab einige nette Gespräche mit den anderen Touristen. Die Abfahrt erfolgte über eine Schotterpiste. Mit dem Rennrad kein Vergnügen. Es ging sehr langsam und vorsichtig herunter, und ich hatte Sorgen um meine Reifen. Aber alles ist gut gegangen. Es wurde dunkel. Und gegen Mitternacht hatte ich ein Quartier gefunden. Ein ausgedienter Brunnen erschien bestens, um darin zu übernachten. Es war unweit eines Ortes und einer Eisenbahnstrecke. Weder Züge noch Glocken konnten mich wach halten.

Tag 3:

Um viertel vor fünf wachte ich durch die Schritte einer Joggerin auf. Ich hoffe, sie hat sich nicht zu sehr erschrocken, als mein Kopf plötzlich aus dem Brunnen erschien. Einmal wach, ging es auch sofort weiter, und es gab nach nur einer halben Stunde Fahrt eine Bäckerei, die um 6 Uhr öffnete. Einen Kaffee und ein paar Croissants später nahm ich die Fahrt wieder auf. Und das Knie fühlte sich viel besser an! Nach drei Stunden hatte ich schon drei Anstiege hinter mir, und langsam ging es aus dem Jura hinaus, südlich an Basel vorbei, Richtung Bad Säckingen zum Rhein. Vorher noch ein Zwischenstopp an einer Apotheke, um Diclofenacsalbe zu kaufen.

Die Hälfte der Strecke war absolviert, ein guter Grund für einen Kaffeestopp und dabei etwas Verpflegung einzukaufen. Weiter entlang des Rheins war Rückenwind. Es ging sehr gut voran. Das Knie tat kaum noch weh, und nach den vielen Höhenmetern der letzten beiden Tage war es angenehm, einfach mal auf dem Aero Auflieger zu liegen zu können und zu treten. Gegen Mittag machte ich eine längere Pause. Ich wusch meine getragenen Radklamotten in einem der Brunnen und nutzte den starken Wind und die Sonne zum Trocknen. Ein toller Abschnitt der Tour war der Abstecher zum Rheinfall nach Schaffhausen. Es waren dort viele Touristen unterwegs, und durch eine Stadt zu fahren macht auch nicht wirklich Spaß, dennoch hat es sich meiner Meinung nach mehr als gelohnt. Einige Touristen wollten sich mit meinem Fahrrad fotografieren lassen. Na, machen wir auch noch möglich. Von Schaffhausen aus ging es Richtung Bodensee. Dort angekommen gab mir mein Garmin Computer zu verstehen, dass er in den Stromsparmodus wechselt. Zeit ihn an die Powerbank anzuschließen, die seit mehr als 6 Stunden durch meinen Nabendynamo geladen wurde. Dachte ich jedenfalls. Denn leider gab es ein Problem mit dem Stecker. Powerbank leer, Garmin im Stromsparmodus. Auch das Telefon war nur noch wenig vom Stromsparmodus entfernt. Den Fehler mit dem Stecker konnte ich zwar beheben, aber die verbleibende Zeit im Hellen würde nicht reichen, um die Geräte wirklich wieder zu laden. Und selbst wenn, wäre morgen früh schon nach ein oder zwei Stunden Schluss. Als Alternative um alle Geräte und Powerbank laden zu können, entschied ich mich dazu, eine Nacht in einem Airbnb zu verbringen. Bloß wo? Es ging vom Bodensee wieder Richtung Gebirge und Alpen. Bis Sankt Gallen oder bis Appenzell? Für mich unmöglich, wirklich gut abschätzen zu können, wie lange man für die Entfernung braucht. Denn die Strecke von Andy und die Vorschläge von Google Maps oder Komoot stimmten nicht überein. Letzten Endes habe ich eine Unterkunft in Sankt Gallen gewählt, und das war genau richtig.

Am Ortseingang von Sankt Gallen traf ich wiederum auf Robin. Dieses Mal konnte ich ihm helfen und übersetzen, um an eine Cola und Wasser für seine Trinkflasche zu bekommen. Wir fuhren ein paar Meter zusammen weiter, bevor er seine Reise noch 1–2 Stunden weiter Richtung Appenzell fortsetzte. Ich durchquerte die Stadt zu meinem Airbnb und genoss schon kurz nach zehn Uhr eine Dusche. Natürlich nachdem alle Geräte an den Ladegeräten von mir und meines Hosts angeschlossen waren. Auch gab es WLAN, und ich konnte einige Bilder posten.

Tag 4:

Um sechs Uhr durch eine Stadt zu fahren, macht immer Spaß. Kein Mensch unterwegs, Straßen frei, schnelles vorankommen. Normalerweise, aber nicht an diesem Morgen. Denn die Autobahn war gesperrt und alle mussten genau auf meinem Weg durch die Stadt. Es war wirklich eine Herausforderung wieder bis auf die Strecke zu gelangen und dauerte gefühlt eine halbe Ewigkeit. Aber direkt nach Sankt Gallen wurde es ruhig. Kaum Verkehr, kleine Wege und wieder etliche Höhenmeter. In Appenzell ging es in eine Bäckerei, um Proviant für die kommenden Stunden zu kaufen. Mit der Schwägalp und ihren 1370 m stand der erste Anstieg des Tages auf dem Programm. Nach der Abfahrt fand ich in Nesslau ein geöffnetes Fahrradgeschäft, Velo Köbi. Endlich hatte ich für das letzte Drittel der Tour den richtigen Reifendruck. Kurz nach dem Ort führte eine schmale Straße ohne Verkehr steil nach oben hinauf zum Vorder Höhi Pass auf 1537 m. Im Aufstieg passierte ich zwei ältere Herren mit E-MTBs, die sich am Wegesrand stehend angeregt unterhielten. Ein paar Minuten später kamen sie immer näher und begleiteten mich bis zur Passhöhe. Zwei rüstige Mittsiebziger, die auf einem Vormittagsausflug waren. Beide machten oben Pause, während ich direkt weiter Richtung Walensee fuhr. Tolle Abfahrt, und ganz ohne Flattern. Entlang des Sees ging es gut voran. Zwar war der Radweg recht schmal, aber außer mir waren weniger als eine Handvoll anderer Radfahrer unterwegs. Weiter fuhr ich entlang der Seez bis fast wieder an den Rhein in Bad Ragaz, wo ich mich mit Cola und einem Eiskaffee versorgte.

Im Anschluss führte die Strecke gut bergauf zum Kunkelspass auf 1357 m ü. M. in den Glarner Alpen. Etwa auf 2/3 des Anstiegs entschied ich mich, eine Pause mit Powernap einzulegen. Etwas essen, trinken und wieder weiter Richtung Chur. Nachdem ich Chur passiert hatte, galt es, sich für eine der beiden Möglichkeiten zu entscheiden. Entweder verkehrsarm auf Gravel weiter, oder auf der Straße im Verkehr. Beide Alternativen wurden vom Organisator zur Verfügung gestellt. Ich hatte den Eindruck, dass es nicht viel Verkehr gab. Demnach hatte ich mich entschieden, diese Variante zu wählen. Aber irgendwie habe ich letzten Endes die falsche Route auf dem Navi gewählt und fand mich auf einem steilen (über 20 %), unbefestigten Weg wieder. Es war so steil, dass ich es gerade noch schaffte aus meinen Pedalen zu kommen, bevor ich zu Stillstand kam. Blieb nichts anderes übrig, als 200 m zu schieben, bis es wieder flacher und fahrbar wurde. Oben angekommen, sah ich wieder Robin vor mir. Er hatte die gleichen Probleme gehabt wie ich, schaffte es aber nicht mehr rechtzeitig aus den Pedalen zu kommen, und kam leider zu Fall. Aber außer einem Schrecken hatte er zum Glück nichts abbekommen. Nach ein paar kurzen Sätzen überholte ich ihn und fuhr weiter bis Lenzerheide. Es war mittlerweile 18 Uhr und Zeit sich für den Abend mit Essen einzudecken. Ich fand einen Coop und neben Eiskaffee, einem Baguette, einem Joghurt, einem Humus-Fallaffel Salat und einer Cola leistete ich mir eine Tüte Haribo Frösche. Den Salat und den Joghurt habe ich dort direkt verspeist. Dann ging es weiter bis Tiefencastell und weiter zum Albula Pass. Mit 21,8 km Länge und 1344 Höhenmeter führt die Straße durch ruhige Landschaften bis auf 2315 m. Immer wieder erstaunte mich die Bauingenieurskunst , d.h. wie Straßen und Eisenbahntrassen sich miteinander verwindend durch das Bergmassiv zogen. Irgendwann hört man nur noch sein eigenes Schnaufen, die Kuhglocken und das Rauschen von Wasser. Dann nur noch Schnaufen und Wasserrauschen. Kurz vor der Passhöhe habe ich mich umgezogen. Es wurde frisch. Mittlerweile war es dunkel.

Die kurze Abfahrt nach La Punt fuhr ich langsam herunter. Im Dunkeln wollte ich trotz meiner hervorragenden Beleuchtung keinerlei Risiko eingehen. Zudem in dieser Abfahrt erst vor einigen Tagen Gino Mäder bei der Tour de Suisse tödlich verunglückte. In La Punt war ich durchgefroren, mein Knie schmerzte wieder, und ich war ganz plötzlich „total durch“. Für die nächsten wenigen Kilometer konnte ich kaum noch Druck auf das Pedal bringen. Es war mittlerweile Mitternacht, ein Airbnb jetzt noch zu finden unmöglich, und die Hotels alle unerschwinglich, mit Preisen von 400 Franken aufwärts pro Nacht. Aber es war klar, dass ich es nicht noch über den nächsten Pass bis Davos schaffen würde. Ich fror und war überglücklich, eine Bushaltestelle mit einem Häuschen zu finden. Die hatte der liebe Gott bestimmt gerade eben für mich dahin gezaubert. Nachdem ich ein Baguette und die halbe Tüte Haribo Frösche gegessen hatte, ging es mir schon viel besser. Ich hatte anscheinend im Aufstieg nicht genügend gegessen. Kurz darauf schlief ich auch schon ein.

Tag 5:

Ich wachte etwas früher als in den letzten Tagen auf. Einmal wach, machte ich mich fertig für den vermeintlich letzten Tag. Es war nicht so kalt, wie ich erwartet hatte. Von Susch ging es rund 13 km lang 950 Höhenmeter bis auf den Flüela Pass auf 2383 m. Ein schöner Anstieg. Überhaupt sind die langen Anstiege in den Alpen, wie Furka, Albula, Flüela und die noch kommenden San Bernardino und Gotthard, meist gut zu fahren. Die Steigungsprozente sind im Durchschnitt um die 7 %, und meist gleichmäßig. Ganz anders die „kleineren Anstiege“, die bereits hinter mir lagen. Dort waren 15 % – 20 % Steigung keine Seltenheit. Auf dem Flüela hab ich zunächst alles angezogen, was ich mit hatte. Mir war kalt, und bis Davos hat sich das auch nicht geändert. Dort bin ich erst einmal in ein Café und habe zwei heiße Kakaos getrunken.

Nach einem Croissant ging es zur Bevorratung in einen Supermarkt und weiter wieder zurück Richtung Tiefenkastell. Ich fuhr hinter einem Bus her, mit ca. 60 km/h ging es dann plötzlich in einen Tunnel. Konnte das richtig sein? Ich hielt in einer Nothaltebucht an, und musste feststellen, dass ich vor dem Tunnel hätte links abbiegen müssen. Also 180 Grad kehrt und wieder bergauf mit 20 km/h zurück durch den Tunnel bis zu Abzweigung. Es ging auf unbefestigter Straße durch eine wunderschöne Schlucht bis zum Tunnelausgang. Kurz vor dem Ende war der Weg von einem Erdrutsch versperrt, und Arbeiter waren gerade dabei, die Stelle zu räumen. Ich konnte mit etwas Glück und Geschick die Stelle passieren und Tiefenkastell war danach schnell erreicht. Bis Thusis ging es größtenteils bergab. Ab Thusis dann eigentlich bis zum San Bernardino und seinen 2035 m Passhöhe nur noch bergauf. Das Schild 1300 Höhenmeter auf den nächsten 47 km war für Radfahrer nicht motivierend. Nach der Viamala Schlucht nahm der Verkehr ab. Über Splügen führte die Strecke bis Nufenen, wo ich einen kurzen Powernap machte. Nach 25 Minuten ging es bei Hiterrhein hinauf zum San Bernardino, der sich angenehm fahren ließ. Ein Traum war die beinahe nicht enden wollende Abfahrt über 51 km bis Bellinzona. Irgendwo während der Abfahrt habe ich mir noch zwei Eiskaffee gekauft. Durch Bellinzona Richtung Gotthard habe ich mich schwergetan. Mein Knie tat wieder weh, und irgendwie war die Luft raus. Rettung war ein kleiner Laden, in dem ich mir ein Brot belegen ließ, und ein Magnum Eis gekauft habe. Nach dem Eis ging es wieder viel besser. Vor dem eigentlichen Anstieg zum Gotthard habe ich nochmals eine kleine Pause eingelegt. Schnell den noch verbliebenen Eiskaffee trinken und das belegte Brot essen, und auf zum letzten Kapitel. Plötzlich stand Andy Buchs am Rand und machte Fotos. Ich war nicht sehr weit hinter dem Führenden zurück, aber konnte ihn weder jetzt noch im weiteren Verlauf des Abends auch nur irgendwann einmal sehen. Den Gotthard ging es auf der Tremolo, der alten gepflasterten Passstraße, hinauf. Oben angekommen habe ich für ein paar Fotos angehalten, mir warme Sachen angezogen, und gemütlich Richtung Ziel in Andermatt weiter gerollt.

Mein Garmin hatte sich kurz unterhalb der Passhöhe plötzlich verabschiedet, und war weder auszuschalten noch zeigte er noch irgendetwas Sinnvolles an. Schnell das Handy zum Navigieren eingerichtet und weiter. Allerdings vorsichtig, denn ich hatte wegen abgefahrener Bremsbeläge nur noch wenig Bremskraft. Im Ziel angekommen, wartete ein überglücklicher Aleš Vaníček auf mich. Er konnte mich den gesamten Aufstieg von oben sehen, und entsprechend sein Tempo immer auf mein Tempo hin abstimmen. Mit dem zweiten Platz war ich mehr als zufrieden, bin ich die gesamte Zeit doch genau auf meiner Strategie bezüglich Leistung und Pausen geblieben und niemals in den roten Bereich gekommen. Nachdem wir ein paar Minuten am Ziel miteinander geredet hatten, beschlossen wir zusammen mit Andy, der das ganze dokumentierte, in einer Gaststätte nebenan essen zu gehen. Nach einer Pizza und einem alkoholfreien Bier erreichte ich gegen 22:30 Uhr mein Auto. Um 23:30 war alles eingepackt, ich wieder frisch und umgezogen, und bereit, die Rückfahrt nach Hause anzutreten.

Fazit:

Eine fantastische Strecke durch unglaubliche Landschaften, auf premium Asphalt, mit einigen Gravel Passagen, die sehr gut zu fahren waren, auf verkehrsarmen Straßen, beim bestem Wetter. Das war das Swiss Bike Adventure 2023, welches ich 100 % empfehlen kann. In der Streckenauswahl steckt viel Arbeit, daher ein großer Dank an Andy. Für die Vorbereitung zum Transcontinental konnte ich viele Erfahrungen sammeln. Von Timing, Verpflegung, Übernachtung, Elektronik, bis hin zu Entfernungen, die ich pro Tag im Gebirge bewältigen kann. Aus meiner Sicht war das Swiss Bike Adventure ein voller Erfolg.

Euer Bert

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Martin

    Hallo lieber Norbert, heute morgen brauchte ich keine Zeitung toller Bericht, man ist die Tour gefühlt mitgefahren, mein Knie meldete sich auch.😜😜😜😜

  2. Martin

    Toller Bericht und beeindruckende Fotos, Zeitung brauchte ich heute morgen nicht.
    Ich spürte sogar mein Knie. Super, dass alles ohne Unfall geklappt hat. Weiter soooooooo!!!!

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