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Iberica Traversa Teil 2: Wandern, Alkohol und Wüste

Erstaunlich, wo man ein Fahrrad entlang tragen kann (27.09.)

Ich hatte mir eine längere Nacht gegönnt und den Wecker auf 6 Uhr morgens gestellt, und mehrfach die „Schlummern Funktion“ genutzt. Nach einem kleinen Frühstück, ich hatte ja in Aragon alles eingekauft, ging es weiter. Am Chalet vorbei auf einen Single Trail, über eine Hängebrücke (ein interessantes Fahrgefühl!) ging es weiter immer wieder steil bergauf und bergab auf Schotter. Gegen 08:50 Uhr, rund 30 Minuten nach Sonnenaufgang, erreichte ich die Straße bei Beteta. Hohe Steigungsprozente, viele Schafherden, und später tolle Gravelpisten auf einem Hochplateau erwarteten mich. Zuvor holte mich aber Miles Clemson ein. Er war bei Iberica Traversa Road der führende. Wir unterhielten uns kurz, bevor er weiter zog. Ich konnte ihn noch eine Zeit lang immer wieder sehen, aber mit den breiten Gravelreifen rollt es nicht annähernd so gut wie mit schmaler Rennradbereifung. Und ich war ja auch im „Urlaubsmodus“ unterwegs.

Die Strecke bis Las Majadas bei Kilometer 136 zog sich durch einen weiteren Nationalpark, dem Parque Natural Serrania de Cuenca. Endlich im Ort angekommen, gab es zwar keinen Supermarkt, aber ein Restaurant. Ich genehmigte mir einen Salat und ein Baguette, dazu kaufte ich Wasser ein, bevor es auch schon wieder weiter ging. Wieder in der Hitze des Tages einen Berg hinauf weiter durch den Nationalpark. Auf einer Abfahrt dann ein Schlag. Ich hatte mit meinem rechten Pedal einen Stein mitgenommen. Leider ist dabei ein Stück des Pedalkörpers abgebrochen. Besser als ein Sturz, dachte ich. Auch konnte ich weiterhin mit meinem rechten Schuh in das Pedal einklicken, aber halt nur noch einseitig. Ich habe mich schnell daran gewöhnt, und es war kein Problem für den Rest der Tour. Die Eindrücke vom Nationalpark waren überwältigend. Vor allem der Camino de la Raya war alle Anstrengungen der letzten Tage wert (Siehe auch Beitragsbild oben).

Camino de la Raya

Auch wenn ich das Rad kilometerweit den Berg hinab schieben oder tragen musste, war es gigantisch. Im Tal in Una angekommen musste ich feststellen, dass der Supermarkt bereits geschlossen war. Er öffnete erst wieder am nächsten Morgen. „Immer diese Siesta“, dachte ich. Aber ich konnte es mehr als nachvollziehen, dass man in der Mittagshitze sich möglichst wenig bewegen sollte. In einer Bar im Ort genehmigte ich mir ein alkoholfreies Bier, ein Calippo Eis, und versorgt mich mit frischem Wasser für die kommenden Kilometer bis zum nächsten Kontrollpunkt in Cuenca. Über die Asphaltstraße kam ich schnell und gut voran. Endlich zu Hause, vom Terrain her. Zum ersten Mal seit dem Start hatte ich das Gefühl, dass meine Motivation und meine Beine zurück sind. Ich wollte Cuenca noch bei Helligkeit erreichen, daher drückte ich etwas aufs Gas. Den Checkpoint erreichte ich gegen 20:15 Uhr mit den letzten Sonnenstrahlen. Eigentlich zu früh für einen Stopp, aber ich wollte duschen, meine Klamotten waschen, etwas Vernünftiges essen, und lieber früh am nächsten Morgen los.

Also schnell ein Hotel gebucht und den Dreck abgespült. Neben meinem Hotel gab es noch einen offenen Supermarkt, in dem ich für den nächsten Morgen alles für das Frühstück kaufen konnte. Gegenüber noch ein chinesisches Restaurant, in dem ich gebratene Nudeln zum mitnehmen kaufte. Endlich etwas Warmes zu Essen, was für ein Luxus. Noch schnell Telefon, Powerbank und Garmin an die Ladestation und ab ins Bett.

Eine Art Überführungsetappe (28.09.)

Der Wecker klingelte um 4 Uhr. Kurz etwas frühstücken und los durch eine menschenleere Stadt. Ich musste in den vergangenen Tagen feststellen, dass man in Spanien mehr Bargeld benötigt als angenommen. Ich hatte das eigentlich auf dem Balkan während des TCR erwartet. Aber fast überall, egal ob in der EU oder in Bosnien, Albanien oder Nordmazedonien, war es möglich, mit dem Smartphone zu zahlen. Auch verstand man dort überall Englisch. Nicht so in Spanien. Bargeld ist angesagt, und auch die Verständigung war oft eher pantomimisch. Der dritte Geldautomat funktionierte dann auch endlich. Kurz nach Cuenca war es nicht einfach die Strecke zu finden. Meine Helmlampe ist nicht die hellste, was ich später noch öfters bedauerte. Für die Straße mehr als ausreichend, nimmt man im Gelände lieber eine wesentlich stärkere Lampe mit. Wie dem auch sei, ich habe den Weg gefunden. Die Kilometer ab Cuenca empfand ich als wenig aufregend und schön. Rauf und runter, irgendwie etwas öde Landschaften, und dazu noch mehr oder auch weniger gut befahrbare Pisten und Trails.

Gegen 11:50 Uhr änderte sich das mit Erreichen des nächsten Kontrollpunktes in Alarcon. Was für eine Landschaft, was für eine Architektur! Die letzten 7 Stunden Frust wie auf einen Schlag vergessen. Hier könnte man stundenlang Fotos machen und verweilen. Aber ich versuchte weiter zu kommen. Den nächsten Anstieg ging es nur zu Fuß weiter. Zu steil für mich, auch ein meine Gangschaltung machte irgendwie Probleme. Ich versuchte es oben angekommen zu reparieren, was mir aber nicht wirklich gelang. Auch war ich unter Zeitdruck, denn bis zum nächsten Ort waren es noch rund 16 Kilometer, und die Siesta war nicht mehr weit. Noch einmal geschlossene Supermärkte wie am Vortag galt es zu vermeiden. Ich schaffte es vor 1400 bis in den Ort, kaufte ein, und genehmigt mir in der nächsten Bar ein Baguette und ein kaltes alkoholfreies Bier.

Während ich dort meine Kaltschale genoss, erreichte Irena den Ort. Sie verpflegte sich mit Getränken in der Bar und fuhr direkt weiter. Ich entschloss mich dagegen noch etwas in der Mittagshitze im Schatten zu verweilen und etwas zu essen. Es ging danach recht flach weiter. Keine Berge, wie kann das sein? Über Schotter Pisten, die gut zu fahren waren, und einen kleinen Singletrail entlang eines Flusses, schloss ich zu Irina auf. Nicht mehr weit vom nächsten Ort, in dem man noch einmal die Vorräte auffüllen konnte, hörte ich ein merkwürdiges Geräusch hinter mir. War etwas aus dem Trikot gefallen, oder hatte ich etwas verloren? Ich hielt an, und musste feststellen, dass ich den mit 2 Kabelbindern befestigten Tracker verloren hatte. Zum Glück fand ich ihn recht schnell im Maisfeld wieder, er war nur rund 50 Zentimeter in selbiges hineingerutscht. Jetzt wurde er an meiner Lenkertasche mit dicken Gurten befestigt, und es ging weiter bis in den nächsten Ort, wo ich meine Vorräte auffrischen konnte. Zum Kontrollpunkt Nummer 6 in El Cuartico war es nicht mehr weit. Diesen erreichte ich um 18:41 Uhr. Es gab Mobilfunkabdeckung, und ich suchte in Netz nach einer Möglichkeit in Alcaraz zu übernachten. Ein Anruf in einem Hostel und das Zimmer war gebucht. Blieben noch knapp 60 Kilometer auf Schotter bis dorthin. Der Weg war erstaunlich gut, eine ehemalige Bahntrasse mit moderater Steigung und vielen Tunneln, die zum Teil beleuchtet waren, einige sogar mit Bewegungsmeldern. Den letzten Tunnel vor Alcaraz galt es zu umfahren. Der Weg durch den Tunnel führt in eine Sackgasse, bzw. weg von der Route. Ich fand es schwierig, den richtigen Weg zu finden. Fuhr erst in den Tunnel, dann wieder entgegengesetzt, und etwas zickzack, bevor ich die eigentliche Route wieder fand.

Bis zum Hostel ging es im Ort noch einmal steil die Straßen nach oben. Ich war froh, ein Zimmer mit Dusche und viel Platz zu haben. Auch konnte man im Hosten Wasser und etwas zu essen kaufen. Eine sehr nette und günstige Unterkunft. Ich war gespannt, was der nächste Tag bringen würde.

Alkohol ist das Dressing für Deinen Kopfsalat (29.09.)

Ich machte mich gegen 6 Uhr auf den Weg. Es ging auf Asphalt lange bergauf. Fast 45 Minuten später war ich oben in Vianos angekommen, wo noch alles schlief und nur der Mond die Szenerie erhellte. Schon kurz darauf ging es wieder auf Schotter weiter. Auf und ab, mal gut, mal weniger gut fahrbar. Es war eine tolle Landschaft mit vielen Wäldern und Olivenbaum Plantagen. Schnell wurde es wieder heiß. In Siles, rund 70 km von Alcaraz entfernt, sollte es wieder Einkaufsmöglichkeiten geben. Meine Vorräte an essbarem waren auch bereits aufgebraucht. Noch einmal ging es in Siles eine sehr steile Straße bis ins Zentrum hinauf. Dort angekommen, es war Freitag, stand ich inmitten eines Festivals. Überhaupt gab es Ende September in fast jedem Dorf und jeder Stadt ein Festival. „Super“, dachte ich, „hier findest Du bestimmt etwas“.

Aber alle Geschäfte waren wegen des lokalen Feiertags geschlossen. Lediglich eine Bäckerei und die Cafés und Kneipen hatten geöffnet. In der Bäckerei kaufte ich Sachen für später ein, und suchte mir einen Tisch in einem der Cafés. Ein niederländisches Paar sprach mich an, und ich bat sie, sich zu mir zu setzten. Wir quatschen etwas über Radfahren (beide waren auch mit dem Rad und Camper unterwegs) und ich bestellte mir ein großes alkoholfreies Bier und etwas zu Essen. Wie in Südspanien immer gab es zum Bier erst einmal Tappas und ich ließ mir mein Essen schmecken. Es gab neben dem Café einen Brunnen mit Trinkwasser, und nach einer etwas längeren Pause machte ich mich wieder auf den Weg. Dann hörte ich jemand meinen Namen rufen. Es war Luc Aucremanne, der an der Straßenversion teilnahm. Wir unterhielten uns ein paar Minuten, bevor ich, nachdem ich noch an einer Tankstelle ein Eis gekauft hatte, weiter zog.

Irgendwie war mir komisch im Kopf. Es war heiß. Aber ich war die letzte Stunde eigentlich nur im Schatten. Auch ging der Weg durch einen Wald. Zwar steil bergauf, manches Mal musste ich wieder einmal schieben, aber einen Hitzschlag schloss ich aus. Trotzdem war mir etwas schummrig. Normalerweise gab es das alkoholfreie Bier immer in Flaschen. Ich hatte eins in einem großen Glas bekommen. War es am Ende kein alkoholfreies gewesen? Ich hatte mich schon beim Trinken gewundert, dass es so gut schmeckte. Irgendwie fast wie „richtiges“ Bier. Ich denke, das war der Grund meines beduselten Zustandes. Zum Glück gab es eine Quelle, aus der frisches und kaltes Wasser sprudelte. Ich tauchte meinen Kopf in das kalte Nass, und schon war ich wieder hellwach und nüchtern. In den kommenden Tagen würde ich nur noch alkoholfreies in Flaschen bestellen 😉 Meine Gangschaltung machte mir mehr und mehr Probleme. Oft musste ich die Gänge von Hand umlegen, d.h. Schalten, anhalten, Kette auf das entsprechende Ritzel, weiter fahren. Es betraf die beiden kleinsten Gänge. So musste ich oft in den steilsten Abschnitten anhalten, und nicht immer konnte ich danach auch wieder weiter fahren, dass es zum Anfahren zu steil war. Es war bereits Nachmittag und noch 60 Kilometer bis Cueva del Agua, einer Höhle, und noch 70 Kilometer bis zum nächsten Ort. Alles Stöhnen half nicht, es musste weiter gehen. Nach ungefähr 43 Kilometern gab es ein kleines, etwas verstecktes Restaurant. Es war bereits 18:45 Uhr als ich dort eintraf. Ich füllte meine Flaschen auf, bestellte mir etwas zu Essen, und machte mich nur kurze Zeit später auf zur Cueva del Agua. Der Weg zur Höhle, und auch danach, war steil, nicht fahrbar, und so musste ich das Rad die mehr als 5 Kilometer tragen und schieben. Eine Umfahrung war möglich, war aber fast 14 Kilometer weiter, und bedeutete zusätzliche 2 Stunden als Strafzeit. Für mich keine Option. Wennschon, dennschon.

Die Landschaft war super, der Weg eine Katastrophe. Als ich an der großen Höhle ankam, war es bereits dunkel. Eine Höhle im Dunkeln, es war wirklich Stock dunkel, toll. Er sah, dass er nichts sah. Alleine das Röhren der Hirsche auf der anderen Talseite war zu vernehmen, sowie die reflektierenden Augen unzähliger Fledermäuse, die in den vielen Höhlen hier lebten. Ich war froh, trotz des kleinen Irrweges, nach mehr als 2 1/2 Stunden Krakelei wieder eine Art Straße, wenn auch nur kurz, unter mir zu haben. Pontones war der nächste Ort, hier gab es Hotels. Entweder hier übernachten, oder noch 25 Kilometer weiter in einen Nationalpark fahren. In diesem Nationalpark war das Übernachten verboten. Es gab zwei Refugios, die laut Internet auch vollkommen intakt sein sollten. „Die 25 Kilometer schaffst Du auch noch“, sagte ich mir, und setzte meine Fahrt fort. Es gab wilde Pferde auf dem Weg, bellende Hunde, und es ging gefühlt nur bergauf (es war tatsächlich so, wie ich am nächsten Morgen feststellte). Gegen 2 Uhr morgens erreichte ich das Refugio.

Es standen drei Autos mitsamt den darin schlafenden Insassen davor. Im Refugio schlummerten bereits ein Wanderer und ein Mountainbiker. Ich gesellte mich zu ihnen, Platz war genug, verband Smartphone und Garmin mit der Powerbank, steckte mir meine Ohrstöpsel in die Ohren, und schlief ein.

Ein „Wüste“r Tag (30.09.)

Um 6:30 Uhr war für mich die Nacht zu Ende. Schnell etwas essen, es war der Rest einer großen Packung Madeleines, Anziehen, alles zusammenpacken und los. Zwar setzte kurz nach sieben Uhr bereits die Morgendämmerung ein, aber bis zum Sonnenaufgang um 8:13 Uhr war es noch etwas hin. Die Landschaft war faszinierend. Auf der einen Seite sehr karg, andererseits sah man viele Tiere. Die fragten sich sicher, was der Irre mit dem Rad hier oben auf dem Hochplateau wollte. Ich genoss den Sonnenaufgang. Mit den Sonnenstrahlen kam die Motivation und Energie zurück, die ich für den Rest des Tages sicher noch brauchen würde.

Während ich auf einem Felsen etwas abseits des Weges noch ein paar letzte Vorräte aß, kamen von unten mehrere Jeeps mit Touristen gefahren. Man lässt sich scheinbar gerne bis oben chauffieren, um dann dort wandern zu können. Ich fuhr in die entgegengesetzte Richtung weiter, und es ging glücklicherweise wieder bergab. Es war fast 11 Uhr, ich hatte ein paar Singletrails und eine Flussdurchfahrt hinter mir, als mir ein Spanier auf einem Mountainbike entgegenkam. Er grüßte, hielt an, und wir unterhielten uns eine Weile (er sprach perfekt Englisch). Ich erzählte ihm mein Abenteuer, Spanien mit dem Rad zu durchqueren, und er wünschte mir viel Glück und Erfolg. Gegen Mittag erreichte ich Polo Alcon, einen größeren Ort mit vielen Bars, Cafes und Supermärkten. Ich kaufte viel ein, denn mein Hunger war groß. Baguette, 1 Dose Thunfisch, Käse, Joghurt, 2 Flaschen Aquarius, Tomaten, Chips, Orangensaft, Milch, Haribo. Den Einkauf bekam ich fast nicht verstaut, und ich fuhr bis zu einem kleinen Platz, der einen Trinkwasserbrunnen hatte. Dort machte ich Pause, belegte das Baguette mit Käse und Tomate, und verputzte eine ganze Menge des Einkaufs auf der Stelle. Zufälligerweise war der Platz genau dort, wo die Gravel und Trail Route und die Straßenroute zusammen liefen. Ich saß erst kurz, schon kam Luc Aucremanne vorbei. Ein kurzes „Hallo, wie geht es“, und schon zog er weiter. Noch während ich beim Nachtisch, dem Joghurt, war, kam Norberto Reina vorbei. Ich und Norberto hatten am Samstagabend beim Essen nebeneinander gesessen, und wir fanden es beide witzig, dass man sich auf einer Strecke von fast 1700 km zufällig trifft.

Es ging nach dem Ort weiter, leicht bergauf, an Olivenbaum Plantagen vorbei, hinein in eine wüstenartige Landschaft. Es ging steil bergab bis zum Rio Guardian Menor, einem kleinen Fluss, dessen Wasser einen schmalen Streifen mit Bäumen und Büschen mit Wasser versorgte. Im Schatten und Flussnähe war es angenehm, aber sobald man aus dem Schatten heraustrat, heiß. Das Thermometer meines Radcomputers zeigte 42 Grad Celsius an, und was es vor ein paar Minuten steil hinab ging, ging es ohne Schatten auf der anderen Seite wieder steil hinauf. Fahren, schieben, anhalten, Schatten suchen, trinken, Fotos machen, und von vorn. So ging es einige Zeit, bis ich wieder eine Straße erreichte. Diese führte mich an einem Stausee (Embalse de Negratín) vorbei (war ich nicht gerade in der Wüste?) bis Bácor. Dort gab es vor dem Dorf an einer Schule einen Brunnen im Schatten, in dem ich Schuhe, Sacken, Trikot, Handschuhe und Mütze ausgewaschen habe. Es war eine Wohltat, meine Beine im kalten Nass abkühlen zu lassen. Zwar waren alle Bars und Supermärkte geschlossen (ich hatte noch Brot, eine Dose Thunfisch, 400 g Turron, Bananen und die Haribo im Gepäck), doch gab es nur wenige hundert Meter weiter eine Trinkwasserstelle. Mit frischem Wasser ging es weiter.

Wieder einmal eine asphaltierte Straße. So weit, so gut, aber warum bloß so steil? Zweistellige Steigungsprozente auf Asphalt mit dem ganzen Gepäck machen keinen Spaß. Man glaubt immer, man käme nicht von der Stelle. Oben angekommen realisierte ich, dass es bis Gorafe noch ein Stückchen zu fahren ist. Ich wollte den Eingang zum Gorafe Park (https://www.andalucia.org/de/gorafe-routen-georuta-desierto-de-gorafe) unbedingt noch bei Sonnenlicht erreichen, und ich versuchte etwas schneller zu fahren. Doch die Strecke war technisch zunächst anspruchsvoll. Grober Gravel, steil bergab in ein Tal, dann wieder hinauf, mit zum Teil schieben. Wieder oben angekommen, wurde der Weg besser. Eher sandig als steinig. Man konnte leicht wegrutschen. Aber alles ging gut, und ich erreichte den Eingang zum Park genau 5 Minuten vor Sonnenuntergang. Am Parkeingang gab es sogar Mobilfunkabdeckung. Nach einem kurzen Anruf nach Hause entschloss ich mich, nicht hier oder unten in Gorafe zu übernachten, sondern nachts durch diese Wüste zu fahren. Ich hatte genug von der Hitze und wollte einfach nur weiter. Eine Polizeistreife fuhr in den Park hinein. Zuerst hatte ich befürchtet, dass ich nicht weiter fahren dürfte. Aber die Polizisten schauten sich kurz den Sonnenuntergang an, und fuhren weiter. Ich auch. Es wurde schnell dunkel. Nach ein paar Kilometern das letzte Haus für die nächsten Stunden. Auch ein paar Autos.

Wie mir Andy später erzählte, stand auch er dort, um von mir Fotos zu schießen und zu filmen, wie ich langsam in das Dunkel der Wüste verschwinde. Aber Pustekuchen, denn er musste der Polizei erklären, dass er, obwohl Schweizer und mit Schweizer Kennzeichen unterwegs, nichts mit den beiden in der Wüste vermissten Schweizer Touristen zu tun hatte. Denn genau derentwegen war die Polizei unterwegs. Als er weiter fahren durfte, war ich längst im Nirgendwo. Einige imposante Blicke während der Dämmerung konnte ich noch erhaschen. Ich werde wohl noch einmal im Hellen hierhin zurückkommen müssen, so viel steht fest! Es ging rauf und runter, kein Mobilfunknetz, die Temperatur fiel von noch über 30 Grad bei Sonnenuntergang schnell unter 20 Grad. Irgendwie wollte das hier kein Ende nehmen. Gegen 23:30 Uhr begann ich mich nach geeigneten Schlafplätzen umzusehen. Aber alles nur Sand oder Staub. „Neee, muss nicht sein, da kommt noch etwas Besseres“, sprach ich mir Mut zu. Irgendwann kamen die Lichter am Horizont merklich näher. Sicher noch viele Kilometer entfernt. Es sollte noch bis 2 Uhr morgens dauern, bis ich das Dorf erreichte. Dort genehmigt ich mir die Dose Thunfisch mit dem verbliebenen Baguette als Abendbrot und Mitternachtssnack. Ein Schlafplatz hinter einer maroden Bank auf dem Dorfplatz war schnell gefunden. Eine kleine Mauer bot etwas Schutz vor dem Wind, der durch das Tal zog. Gegen 2:30 Uhr war Nachtruhe.