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Von Aachen nach München

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  • Beitrags-Kategorie:2023 / Allgemein

Vorbereitung auf das @swissbikeadventure und @thetranscontinental

Ein Rennrad, 600 Kilometer, und ein paar unvorhergesehener Ereignisse – meine Fahrt von Aachen nach München war alles andere als langweilig. Und mit fast einem Jahr Verspätung hat es doch tatsächlich geklappt. Das Ganze hatte den Zweck, weitere Erfahrung im Bikepacking zu sammeln. Wie lange kann ich am Stück fahren, ohne „zu überziehen“? Welche Ausrüstung passt? Welche Einstellungen am Rad müssen gegebenenfalls noch geändert werden?

Der Start in Merkstein bei Aachen war voller Vorfreude und Energie. Mit meinem Canyon Grizl, und gegenüber der Fahrt nach Heilbronn und zurück im Mai, mit leicht modifiziertem Setup und Gepäck, machte ich mich auf den Weg. Dieses Mal auch pünktlich und nicht mit großer Verspätung. Schon beim Start war es sehr warm, und es sollten zwei wirklich heiße Tage folgen. Gut, wenn man drei Trinkflaschen dabei hat. Aber schon kurz nach Beginn, nach etwa 10 km, musste ich feststellen, dass ich bereits eine meiner Trinkflaschen am Sattel verloren hatte. Die noch verbliebenen zwei anderen Flaschen mussten jetzt reichen, und an Tankstellen gibt es genug Nachschub. Noch keine weiteren 10 km später, begann mein Tretlager merkwürdige Geräusche von sich zu geben. Auch wenn diese Geräusche bis zum Ziel in Hohenkammer, bei München, bleiben sollten, hat alles gehalten. Doch das waren auch schon alle Problemchen der Tour, na ja, fast alle.

Die weiteren Kilometer bis zum Rhein waren mühelos, und ich konnte die wunderschöne Landschaft bis Bad Neuenahr in vollen Zügen genießen. Im Laufe des Nachmittags entlang des Rheins gab es immer wieder kleinere Regenschauer. Ich fand aber immer eine Gelegenheit, mich unterzustellen. Wenn man nicht in einem Rennen ist, gibt es keinen Grund sich bis auf die Haut nass regnen zu lassen. So konnten die Regenschauer mir den Spaß an der Fahrt nicht nehmen. Im Gegenteil, sie machten die Luft frischer und sorgten für mehr Pollenfreiheit.

Ich durchquerte malerische Dörfer, grüne Wälder und atemberaubende Landschaften. Nachdem ich im Mai den Rhein „auf der A6“ überquert hatte, entschied ich mich dieses Mal dafür den Fluss in Worms zu überqueren. Eindeutig die bessere Wahl. Keine Treppen und kein Lärm. Mittlerweile wurde es schon sehr dunkel. So erreichte ich auf der östlichen Rheinseite bereits das dritte Bundesland, nach Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz nun Hessen. Meine Idee, Mannheim zu umfahren, und stattdessen etwas nordöstlich durch einen Wald zu fahren, erwies sich als Fehlentscheidung. Auf den Satellitenbildern der gängigen Kartendienste sah es nach geteerten Straßen aus, aber leider war der Teer von extrem vielen Löchern regelrecht zerfressen. Mehr als 20 km pro Stunde traute ich mich nicht in der Dunkelheit zu fahren.

Auf der Holperstrecke begann sich zudem mein Aerolenker leicht in der Neigung zu verstellen. Das war aber unproblematisch und ich konnte es /musste) es bis zum Ziel immer wieder korrigieren. Es lag an den Schutzfolien, die auf dem Lenker geklebt waren. Die Hitze war für die Folien wohl zu viel.

Kurz hinter Heidelberg, nach rund 320 km in Baden-Württemberg und somit vierten Bundesland der Tour gelegen, war es Zeit ein Quartier für die Nacht zu suchen. Nach einem langen Tag im Sattel war ich froh, eine Pause einzulegen und neue Energie zu tanken. Eine gute Stelle auf einer Wiese mit Holzstapeln war schnell gefunden. Die Nacht war ruhig, warm, und ohne Regen. Morgens beim Losfahren war es dennoch frisch. Aber schnell war ich wieder auf Betriebstemperatur, was auch an einem ausgezeichneten Kaffee in einer Bäckerei lag.

Im Anschluss brachte der Tag eine neue Herausforderung mit sich – die Hitzewelle. Die Temperaturen stiegen auf Werte um die 30 Grad Celsius, und die Sonne brannte gnadenlos auf mich herab. Es hieß also ständig auf der Suche nach Wasser zu sein. Zum Glück gibt es fast überall Gelegenheiten, seien es Tankstellen, Geschäfte, oder auch Friedhöfe, an denen es meistens Trinkwasser gibt. Um die Dinge noch herausfordernder zu gestalten, begleitete mich auf der gesamten Strecke ein unangenehmer Gegenwind. Es schien, als würde er mir jedes Mal entgegenblasen, wenn ich eine Anhöhe erreichte oder eine schnellere Geschwindigkeit erreichen wollte. Der Gegenwind machte es schwerer, aber ich nahm es sportlich. Mit dem Schicksal hadern bringt auf solchen Touren nichts. Es ist, wie es ist.

Nach rund 500 km lagen die meisten Höhenmeter hinter mir, und ich habe mir ein Eis am Stiel an einer Tankstelle gegönnt. Das Rad stand dabei ein paar Minuten in der prallen Sonne an einen Blechbriefkasten angelehnt. Der Tacho zeigte dabei schlappe 45 Grad Celsius an. Es war an dieser Stelle durch viele Reflexionen wirklich wie in einem Backofen. Also nichts wie weiter runter Richtung Donau den Fahrtwind genießen. Rund um die Donau, mittlerweile in Bayern und dem fünften Bundesland der Tour angekommen, wurde es merklich flacher und ich kam trotz des Windes gut voran. Ab Aiching wurde es wieder etwas welliger, aber ohne wirklich längere Anstiege.

Gegen Abend, die Sonne war vielleicht 5 Minuten untergegangen (ca. 21:20 Uhr) kam ich am Ziel an. Zur Belohnung gab es ein alkoholfreies Bier und selbst gemacht Lasagne.

Und was war der Lerneffekt?

1. Der Taschensetup war nicht so optimal, wie ich es mir erhofft hatte. Dieses Mal hatte ich mich statt für eine Lenkertasche und der kleinen Seatpack dazu entschieden, nur die große Seatpack Tasche mitzunehmen. Vom Volumen tun sich beide Varianten nichts. Ohne Lenkertasche sollte es etwas aerodynamischer sein. Das Gefühl hatte ich auch. Aber die große Tasche schwankt mehr als die kleine, die Gewichtsverteilung ist ungünstiger, und wenn man an Sachen heranmuss, die in der großen Tasche zu unterstützen verstaut sind, hat man wirklich etwas zu tun. Vor allem, nachher wieder alles richtig zu verstauen. Beim @swissbikeadventure werde ich den Setup mit Lenkertasche wieder nutzen.

2. Keine Schutzfolien unter der Klemmung von Aerolenkern

3. Die Trinkflaschen hinter dem Sattem müssen extra gesichert werden, um sie nicht während der Fahrt zu verlieren.

Die atemberaubende Landschaft, die kleinen Siege über die Widrigkeiten und unvergesslichen Momente der Freude – all das hat diese Radtour zu einem unvergesslichen Abenteuer gemacht. Es hat mir gezeigt, dass es sich lohnt, aus der Komfortzone herauszutreten, um neue Erfahrungen zu sammeln. Also, schnapp dir dein Rennrad und wage dich auf eine Reise, die dich körperlich und mental herausfordert – du wirst es nicht bereuen!

Dein Bert