Die Vorbereitung auf das NorthCape 4000 verlangt mehr als nur Wochenendtouren – sie braucht echte Langstrecke, möglichst nah an den Bedingungen des Events. Zwei dieser intensiven Trainingsfahrten habe ich an einem langen, heißen Wochenende unternommen. Hier ist mein Bericht – für mich selbst zur Reflexion und vielleicht für andere zur Inspiration.
Tag 1 – 375 km bei 40 Grad: Merkstein nach Neckarsulm
Um 5:45 Uhr ging’s los in Merkstein – die Sonne war gerade aufgegangen, der Tag hatte schon Temperatur. Die Route führte mich über Euskirchen, Ahrweiler, durch das Rheintal bei Koblenz und Bingen, rüber nach Worms, Heidelbergund schließlich bis Neckarsulm.



14 Stunden und 42 Minuten, 375 Kilometer und ein durchgeschwitzter Aero-Auflieger später war ich da. Ein Schlagloch hatte den Auflieger leicht aus dem Lot gebracht – das ließ sich zum Glück schnell richten.
Highlights unterwegs:
- 40 °C auf dem Garmin – in der Sonne war das kaum zu ertragen. Trotzdem rollte es.
- Rheinradweg = Slalom: Aufgrund des langen Wochenendes wimmelte es von Freizeitfahrern. Leider viele unsichere dabei – Aufmerksamkeit war gefragt.
- Windschatten deluxe: Die letzten 35 km bekam ich „Bus-Service“. Mein Sohn kam mir entgegen und zog mich im Windschatten nach Neckarsulm – beste moralische Unterstützung!
- Feierabendpizza: Selbstgemacht, verdient, köstlich. Besser geht’s kaum.



Tag 2 – Rückfahrt durch Glut und Defekt
Nach einem ausgiebigen Frühstück startete ich spät – erst um 11 Uhr. Es war schon wieder heiß, und es wurde nicht besser. Die Route war leicht verändert: über Speyer, Schifferstadt, Alzey bis Bingen, dann wie am Vortag zurück durch das Rheintal.



Die Rückfahrt war mit 384 km sogar noch länger als der Hinweg – und ich brauchte 14 Stunden und 58 Minuten im Sattel, um wieder nach Hause zu kommen. Die Bedingungen? Noch heißer, technisch fordernder und später am Tag gestartet – aber machbar.
Probleme? Klar. Lösungen? Auch.
Nach etwa 122 km in Monsheim: Schaltproblem. Der Umwerfer vorne war tot – Plastikteile und Schraube flogen ins Gras. Glück im Unglück: Ich fand alles wieder. Schalten vom kleinen auf das große Kettenblatt ging aber nicht mehr.
Ich entschied mich für’s große Blatt – besser bergauf mit Druck als auf ewigem Kleinblatt-Georgel im Flachen. Es war die richtige Entscheidung.



Weitere Erkenntnisse:
- Friedhöfe sind Gold wert: Kühle Wasserquellen, schattig, ruhig – perfekt für Pausen.
- Vietnamesisches Essen in Bingen – eine kurze, würzige Belohnung, bevor’s weiterging.
- Rheinradweg bei Nacht: menschenleer, aber wurzelreich. Ich verlor eine meiner Flaschen – und sah etliche andere Flaschen am Wegrand. Offenbar ein verbreitetes Problem.
- Rhens = Wassernachschub bei der Rhenser Brunnen AG. Danach ging’s über Sinzig zurück nach Hause.
- Ab Koblenz war der Weg vertraut – Autopilot-Modus. Garmin konnte schlafen.
Was nehme ich mit?
Diese beiden Tage haben mir enorm viel gebracht:
- Selbstvertrauen in die Langstrecke
- Mentale Stärke, um trotz Hitze, Technikpannen und Müdigkeit ruhig zu bleiben
- Feinschliff an der Ausrüstung
Was ist noch zu tun?
🛠 To-do-Liste vor dem Start:
- ✅ Neue Powerbank mit USB-C besorgen → weniger Kabelsalat
- ❌ Der Topeak-Wishbone ist unzuverlässig – evtl. Schraubenkleber als Übergang
- ✅ Conti GP5000 (32 mm) = top! Für das Event kommt die Tubeless-Version drauf
- ❌ SKS-Flaschenhalter müssen angepasst werden → sonst „Flaschenflug“
- ⚙️ Tretlager prüfen und ggf. ersetzen
- 🦺 Neue reflektierende Weste für die Nachtfahrt besorgen
- 😎 Neue Brille + Helm sind super → Reflektor-Sticker folgen
- 🔧 Halterung Supernova-Frontlicht tauschen
- 🔦 Rücklichtbefestigung an Kettenstrebe optimieren (statt Sattelstütze)
Fun Fact: 40 Burgen auf 65 Kilometern
Auf der Fahrt entlang des Oberen Mittelrheintals zwischen Koblenz und Bingen säumen über 40 Burgen, Schlösser und Ruinen den Weg – im Schnitt alle 1,5 km ein Highlight. Eine eindrucksvolle Kulisse für eine noch eindrucksvollere Tour.
Fazit: Zwei Tage. Über 700 km. Hitze, Technik, Erkenntnisse.
Das NorthCape 4000 kann kommen – und ich werde vorbereitet sein.